... wenn Du erst mal drin bist ...
Ein Film über die Arbeit unter Tage, 1972
Der Film zeigt, wie die Produktionsbedingungen den Tagesablauf des Bergmannes Siegfried Frenzel bestimmen. Schon die Wegsysteme über und unter Tage zeigen mit ihren räumlichen und akustischen Bedingungen die Mühe, die er täglich auf sich nehmen muss, um an die Stelle zu kommen, wo er als Stempelsetzer arbeitet, damit er sich und seine Familie ernähren kann: "vor Ort", am Kohlenabbau.
Dazu gibt Bergmann Frenzel Angaben über sich und seine Familie, berichtet über seine Arbeit und ihre harten Bedingungen und warum er aktiv in der Gewerkschaft arbeitet.
"Der Film war naturgetreu gemacht - das kann man wohl sagen. Vor allen Dingen hat er gezeigt, dass der Kumpel schwer arbeiten muss und nach der Arbeit abgekämpft ist. Der Film war wirklich gut; wie das tatsächlich läuft".
Bergarbeiter Willi Wittke im Filmprotokoll "Das Ruhrgebiet im Film ", Bd. 2, Oberhausen 1978.
Kühler Realismus aus schwarzen Schächten
Auszug aus der Rheinischen Post
... Denn etwas mehr als ein Taschengeld erfordert es eben schon, wenn ein so konzentrierter Film wie " ...wenn Du erst mal drin bist ...", herauskommen soll: Ein Arbeitstag im Leben des Bergmanns Siegfried Frenzel, Bergwerk Walsum, komprimiert in einem halbstündigen Farbfilm. Er zeigt die Mühseligkeit der langen Arbeits-Vorbereitungen - Umkleiden, endlos wirkende Seil- und Zugfahrten unter Tage -, die Dunkelheit, aus der nur die Menschen herausgehoben werden, ohne daß überstarke Scheinwerfer strahlende Helle im Streb vortäuschen (wie in gängigen Bergbau-Filmen üblich), die ständige Gefährdung der Männer zwischen den Maschinen in engem, dunklem Raum. Er zeigt die Anstrengung und Ermüdung des 35-jährigen Bergmanns Frenzel in einer Zeche, die zu den modernsten Europas gehört und dennoch alles andere als "vollautomatisch" funktioniert.
Frenzel weiß, daß in spätestens zehn Jahren seine "Kraft nachläßt'', daß dann auch sein Lohn sinken wird statt - so sein bitterer Vergleich zu den Angestellten-Gehältern - mit den Dienstjahren anzusteigen.
Die Kommentare des Bergmanns sind knapp und präzis wie die Bilder, aus stundenlangen Tonband-Protokollen komprimiert.
Und die Autoren Ole John (Dozent an der Filmklasse der Kunstakademie) und Hartmut Kaminski haben den Ton (Rolf Nedermann) nicht weniger effektvoll eingesetzt als das Bild. Der verwirrende Grubenlärm läßt kaum Zeit für die Kommentare, unterstreicht einen kühlen Realismus, der sich nicht in platte naturalistische Abschilderung verliert. Der Lärm mündet manchmal in chaotisch anschwellenden, zu nostalgischen Melodie-Stücken sich ordnenden Klängen.
Henning Christiansen hat da ein Stück exemplarische Filmmusik verfaßt, die Bilder und Original-Töne nicht zudeckt, sondern stets unterstreicht. Ein einziger, kurzer Ausblick auf Zeche und Hafen von Walsum ersetzt mit Christianses musikalischer Akzentuierung ganze Bildbände und "Kulturfilme" über niederrheinische Industrielandschaft.
Ein Film, der keinen Augenblick daran zweifeln läßt, daß es um Menschen geht und nicht um Maschinen; der nie jener fatalen Maschinen-Romantisierung erliegt, die gerade "Industriefilme" zum Thema Bergbau kennzeichnet.
Durch diese Akzent-Verschiebung wird gleichzeitig neues Interesse geweckt für eine Arbeitswelt, die in den zahllosen "Dokumentarfilmen" herkömmlicher Machart eher zu langweilen pflegt. Zu mal diese erste Aufklärung stets realistisch bleibt, keine optischen und akustischen Löcher mit aufgepfropftem Kommentar ausfüllen muß.
Ausschnitte aus der Kritik
Peter Steinhart, Rheinische Post, 5 . Sept. 1 972