Rezessionen

Ein Film von Hartmut Kaminski und Lutz Mommartz und von der ganzen "Filmgruppe Düsseldorf" - oder besser gesagt: der Entwurf zu. einem großen Film. Das Maximum, das zu realisieren war aus einem städtischen Zuschuß von 15.000 Mark, der eigentlich nur für die Vorbereitung des Projekts bestimmt war, und aus allem verfügbaren Eigenkapital (und der kostenlosen Arbeitskraft) der Beteiligten.
Eine Film-Skizze, die strotzt von brillanten Ideen und gerade deshalb viele bitteren Fragen hinterläßt nach dem weiteren Schicksal dieses Entwurfs.

Eine durchgehende Doppelprojektion: Eingangs links der Fürstbischof mit Jagdgefolge, rechts Bauern bei der Feldarbeit, beide Gruppen weit entfernt voneinander, dann durch Schwenks auf die zentrale Bildkante gegeneinander gerückt, "konfrontiert". Im linken Bild Bauern, die folgsam ihren Zins beim bischöflichen Beamten abliefern, im Bild rechts eine Bäuerin, der ein Landsknecht die Kuh aus dem Stall holt, ihr Blick nach der weggetriebenen Kuh; ein raffinierter Wechsel von Gegenschuß-Aufnahmen der beiden verschiedenen Szenen.
Oder: Links der nackte Körper eines Gefolterten, rechts die vorsichtig abwägende Beratung einer Bauerngruppe über die Möglichkeit einer Rebellion - und die Frage: absorbiert die Drastik des linken Bildes die Aufmerksamkeit nicht so sehr, daß die Dialoge von rechts verpuffen?
Aber dann wieder eine schlagend einleuchtende Demonstration von Doppelprojektion als dialektische Verdichtung: links ein Priester beim Gottesdienst in einer Kathedrale, rechts ein Mönch, der von einem Karren zu einem Bauernhaufen predigt - der Wechsel zwischen des Priesters Gebet, das gleichermaßen um Schutz vor ungerechten Herren und vor dem Geist des Aufruhrs fleht, und der Predigt des Mönchs, der zur Rebellion wider soviel gottlose Ausbeutung aufruft.

Statt ausgespielter Geschichten, statt der Hervorhebung individueller Figuren die Aneinanderreihung von Typen und Situationen in drastischer Bilderbogen-Art, bis zur Niederlage der Bauern, dem Spalier der Gehenkten von abziehenden Landsknechten. Erstaunlich stilsicher ist der Einsatz von Laien, der selbst über die unausgewogenen Sprach-Mittel hinwegsehen läßt (modernes Hochdeutsch, aber meist gefärbt in Dialekten, ein hastig komprimierender Kommentar).

Ein Film von Hartmut Kaminski und Lutz Mommartz und von der ganzen "Filmgruppe Düsseldorf" - oder besser gesagt: der Entwurf zu einem großen Film. Das Maximum, das zu realisieren war aus einem städtischen Zuschuß von 15.000 Mark, der eigentlich nur für die Vorbereitung des Projekts bestimmt war, und aus allem verfügbaren Eigenkapital (und der kostenlosen Arbeitskraft) der Beteiligten.
Eine Film-Skizze, die strotzt von brillanten Ideen und gerade deshalb viele bitteren Fragen hinterläßt nach dem weiteren Schicksal dieses Entwurfs.

Eine durchgehende Doppelprojektion: Eingangs links der Fürstbischof mit Jagdgefolge, rechts Bauern bei der Feldarbeit, beide Gruppen weit entfernt voneinander, dann durch Schwenks auf die zentrale Bildkante gegeneinander gerückt, "konfrontiert". Im linken Bild Bauern, die folgsam ihren Zins beim bischöflichen Beamten abliefern, im Bild rechts eine Bäuerin, der ein Landsknecht die Kuh aus dem Stall holt, ihr Blick nach der weggetriebenen Kuh; ein raffinierter Wechsel von Gegenschuß-Aufnahmen der beiden verschiedenen Szenen.
Oder: Links der nackte Körper eines Gefolterten, rechts die vorsichtig abwägende Beratung einer Bauerngruppe über die Möglichkeit einer Rebellion - und die Frage: absorbiert die Drastik des linken Bildes die Aufmerksamkeit nicht so sehr, daß die Dialoge von rechts verpuffen?
Aber dann wieder eine schlagend einleuchtende Demonstration von Doppelprojektion als dialektische Verdichtung: links ein Priester beim Gottesdienst in einer Kathedrale, rechts ein Mönch, der von einem Karren zu einem Bauernhaufen predigt - der Wechsel zwischen des Priesters Gebet, das gleichermaßen um Schutz vor ungerechten Herren und vor dem Geist des Aufruhrs fleht, und der Predigt des Mönchs, der zur Rebellion wider soviel gottlose Ausbeutung aufruft.

Statt ausgespielter Geschichten, statt der Hervorhebung individueller Figuren die Aneinanderreihung von Typen und Situationen in drastischer Bilderbogen-Art, bis zur Niederlage der Bauern, dem Spalier der Gehenkten von abziehenden Landsknechten. Erstaunlich stilsicher ist der Einsatz von Laien, der selbst über die unausgewogenen Sprach-Mittel hinwegsehen läßt (modernes Hochdeutsch, aber meist gefärbt in Dialekten, ein hastig komprimierender Kommentar).

Gallerie der gehenkten Bauern

Auch die Darsteller stellten sich ohne Gagenforderungen zur Verfügung. Außer einigen Profis handelt es sich dabei um Freunde und Kollegen der beiden Regisseure. So wirken zum Beispiel der Mülheimer Regisseur Reinhard Schnell und die Mitglieder der Polit-Rockgruppe "Die Conrads" aus Düsseldorf mit.

Im übrigen waren sämtliche Darsteller und Techniker bei allen Entscheidungen mitspracheberechtigt. Jede einzelne Rolle wurde gemeinsam vom Team durchgesprochen, jeder Änderungswunsch bei einer Einstellung oder am Dialog diskutiert.  „So haben wir beim einzelnen Darsteller eine starke Identifizierung mit seiner jeweiligen Rolle erreicht", erklärte Hartmut Kaminski dieses vorgehen.

Die Dreharbeiten selbst dauerten nur einige Wochen. Drehorte waren im Freilichtmuseum Kommern in der Eifel, bei Krefeld, auf Schloß Burg an der Wupper und in Düsseldorf.

Diese Methode (Doppelprojektion) haben Kaminski/Mommartz so geschickt benutzt, dass teilweise der Eindruck entsteht, als ob die Szenen und Dialoge der beiden Filmhälften sogar miteinander korrespondierten. Kaminski: "Das ist ja auch unsere Absicht. Beide Geschehen sind eng miteinander verbunden. Ein Befehl der Fürsten oder Kaufleute hat immense Auswirkungen auf die Bauern."

Und: "Unser Film wirkt wie ein fortlaufendes Bilderbuch, bei dem man Seite um Seite umschlägt, um mehr zu erfahren und mehr zu begreifen." Denn begreifen soll der Betrachter des Films viel: die politische Konstellation im Mittelalter und die Maßnahmen, die die Bauern als unterdrückte Leute dagegen unternahmen. Kaminski: "Unser Film zeigt linear, wie Menschen plötzlich verstehen, was mit ihnen geschieht und wie sie sich dagegen auflehnen."

600 Sitzplätze reichten nicht aus. Wie 1967, als Deutschlands gesellschafts-kritische Experimentalfilmer Oberhausens Westdeutsche Kurzfilmtage "aufrollten", standen und hockten die "Heerscharen" von Fans, Interessierten, Beteiligten und Mitwirkenden diesmal im Düsseldorfer "Filmforum" in den Gängen und auf der Empore.
Eindeutiger Beleg dafür, daß der Name Mommartz seit der Zweitplazierung beim Experimentalfilmfestival in Knokke, 1968, eigentlich nichts an Attraktivität eingebüßt hat. Auch wenn man seitdem von Mommartz nichts mehr zu sehen bekam, wofür allein er gezeichnet hätte. Denn seit der Revolte-Zeit vom Ende der 60 er Jahre ist Lutz Mommartz integrierender Bestandteil der "Düsseldorfer Filmgruppe", deren Kollektiv auch als "Herausgeber" quasi dieses neuen Films fungierte.
Realisatoren: Hartmut Kaminski und Lutz Mommartz! "Der gerechte Krieg 1525". Ein bundesrepublikanischer Beitrag zur 450. Wiederkehr des mittelalterlichen Bauernkriegs.
Aus farbigem Zelluloid und von zwei Projektoren gleichzeitig auf eine Leinwand projiziert - 30 Minuten lang. Mommartz/Kaminskis "Der gerechte Krieg 1525" mit seinem doppelbödigen aggressiven Titel ist ein Film, der alles voraussetzt - Phantasie und Sachkenntnis. Ein Kunstprodukt, dessen Stil aus der Not geboren wurde. Was nicht zu sehen ist, muß man sich denken können. Und so ist "Der gerechte Krieg 1525" eine Synthese geworden aus den beiden hervorstechenden Erscheinungsformen der 60-er Jahre: Aus gesellschafts-kritischem Aufbegehren und aus den Erweiterungen der formalen Möglichkeiten.

15.000 Mark hatte die Künstlerförderung der Stadt Düsseldorf bereitgestellt zu Zwecken der Grundlagenforschung. Sie blieben im Grunde aber das ganze Geld, das von außen in dieses Projekt hineingesteckt wurde. Der Rest wurde aus Eigenmitteln der Filmer finanziert. Und alle, die mitmachten, taten es umsonst. Es waren nicht wenige! So gibt dieser Film mit der Vorführdauer von einer halben Stunde über den Bauernkrieg auf deutschem Boden, dessen zentrale Ereignisse sich innerhalb eines halben Jahres abspielten.

"Der gerechte Krieg 1525" von Mommartz/Kaminski - ein akkurates Spiegelbild der Bedingungen für den Film in der nordrhein-westfälischen Region: es gibt eigentlich nämlich überhaupt keine.
Die zwei 16mm-Projektionen stehen nahtlos nebeneinander auf der Leinwand. Die Idee ist nicht neu, läßt aber faszinierende Irritation zu. Zum Beispiel bei Schwenks, Im linken Bild spielen sich Feudal-Szenerien ab; im rechten Bild entsprechend Bäuerliches. Gleichzeitigkeit der Parallel-Montage!


Credits

  • Originaltitel
    Der gerechte Krieg 1525
  • Regie
    Hartmut Kaminski, Lutz Mommartz
  • Kamera
    Hartmut Kaminski, Lutz Mommartz
  • Schauspieler
    Karl Heinz Kraus: Fürstbischof
    Christine Günther: seine Geliebte;
    Bert Günther: Kaufmann;
    Eberhard Schweigert: Prior;
    Reinald Schnell: Mönch;
    Ritter: Gunther Bohnen, Jupp Schmitz;
    Filmgruppe Düsseldorf und Schüler des Ausbaugymnasiums Düsseldorf: Bauern, Bäuerinnen und Söldner
  • Kostüme
    Eberhard Schweigert; Elke Jonigkeit
  • Produktion
    Filmgruppe Düsseldorf
  • Drehbuch
    Filmgruppe Düsseldorf