Entstehungsgeschichte und die Fernsehfassung

Niemand denkt an mich und weiß von mir

Während der Spurensuche zu einem Film über Polen besuchen mein Mann Hartmut Kaminski und ich 1980 in Warschau das ehemalige Untersuchungsgefängnis der Gestapo in der Aleja Szucha 25. Dorthin hat sich bis zu diesem Zeitpunkt noch kein Deutscher gewagt – aber auch in Polen ist das Material nahezu unbekannt.
Was wir im Keller zu sehen bekommen erschüttert uns zutiefst und wir beginnen die Graffiti – besser die Einkratzungen in den Wänden – genau zu studieren. Wir fotografieren mit unserer Fotokamera die Wände und die einzelnen Zellen.

Ein Museumswärter erinnert sich an eine Fotodokumentation, die kurz nach dem Krieg angefertigt wurde und versteckt in einer Schublade unveröffentlicht schlummert. Er ist  dankbar, dass wir  uns für das Geschehen im Gestapokeller interessieren und erlaubt uns, diese großformatigen Negative mit nach Deutschland zu nehmen. Zusammen mit einem Dolmetscher analysieren wir zu Hause diese 1200 Fotos.

Beim Durcharbeiten der Fotodokumentation bemerken wir, dass vorwiegend Namen aufgenommen worden sind, wohl mit der Absicht, Adressen, Daten und Namen der Inhaftierten zu sichern. Einige von uns selbst entdeckten Inschriften fehlen in der Dokumentation, besonders die mit religiösem Inhalt und uns wird ziemlich schnell klar, dass wir über den Film hinaus auch ein Buch und eine Ausstellung machen sollten, damit wir dem Wunsch eines Häftlings  „Bitte macht dieses Geschehen der Öffentlichkeit bekannt!“nach kommen können.

Als wir ein Jahr später im Winter 1981 erneut nach Warschau kommen, um jetzt die Zellenwände der Aleja Szucha mit der Filmkamera abzutasten, verweigert der polnische Staat uns die Dreherlaubnis. Die Analyse der Fotos hatte ergeben, dass der polnische Widerstand gegen die Nazis nicht nur aus Kommunisten bestand, wie das Nachkriegspolen es darzustellen pflegte. Die drei anderen Gruppen AK (Armia Krajowa zu deutsch polnische Heimatfront), religiöse, und sozialistische Kreise waren nicht weniger – eher mehr – daran beteiligt. Das wollte damals jedoch niemand wahrhaben.

So entwickelte wir aus dem Film-Verbot die Idee, die großformatigen Fotos in Deutschland mit der Trickkamera abzufahren, also einen Trickfilm zu herzustellen.

Die Verantwortlichen der Fernsehanstalten befanden 1982, dass der Film „Stumme Schreie“ für das Fernsehpublikum zu intensiv wäre und machten den Vorschlag, seine Strenge „aufzulockern“ durch Interviews mit Zeitzeugen. So entstand ein Fernsehfilm,  dem wir den Titel des Buches gaben: „Niemand denkt an mich und weiß von mir …“. Dieser Film wurde als deutscher ARD-Beitrag 1983 zum internationalen Fernsehfestival nach Dublin (Irland) geschickt.
Hier können Sie den Film sehen: